Chiwa

Sa. 06.09.2014
Nach den netten Begegnungen im Taschkenter Hostel hatte ich wieder mehr Mumm und fragte die hübsche Frau um die 40 (Tatjana) im Flugzeug neben mir, ob sie denn wisse, wie’s am Flughafen weitergeht, wenn man nach Chiwa möchte. Sie und ihr Mann Maksim sind aus Moskau und wir taten uns zusammen, um zu dritt ein Taxi nach Chiwa zu bekommen. Auch hier waren die Taxfahrer sehr gerissen, aber Maksim tat sein Bestes, um einen akzeptablen Preis für die Fahrt zu bekommen. Es wurden Worte gewechselt wie z.B. „Ich habe drei Kinder und das Fleisch ist so teuer.“ – „Das ist hier doch eine Taxifahrer-Mafia!“ – „In Russland ist die Mafia!“ In Chiwa ging ich durchs Westtor in die rechteckig ummauerte Altstadt und war überwältigt von den Eindrücken: diese imposante Stadtmauer, die bunten Bauten, das pulsierende Leben, ein Kamel stand da und etwas weiter war eine Hochzeitsgesellschaft, die freudig für und um das Brautpaar zu den heimischen Rhythmen tanzte.

Hochzeitsgesellschaft: Die Braut kann man am Schleier erahnen
Hochzeitsgesellschaft: Die Braut in der Mitte kann man am Schleier erahnen

Im Hotel Xiva Atabek wurde ich schon draußen von einer Tochter der fünf Kinder des Hauses auf englisch empfangen. Bei Abendlicht ging ich durch die Innenstadt, wo die Kinder noch gemeinsam auf der Straße spielten wie ich vor 25 Jahren. Acht Jungs spielten Fußball, ein Mädchen sprach mich an: „Hello, what’s your name?“

Fußball spielende Jungs
Fußball spielende Jungs

Viele andere Kinder winkten, sagten „Hello“ oder „Salam“. So genau weiß ich nicht, wie gut ich das finden soll, dass wir Touristen, oftmals große Reisegruppen, uns da so arg in das Privatleben der Menschen einmischen. Von touristischer Seite aus ist es sehr angenehm und erfrischend, wie freundlich man behandelt wird. Vor dem Sonnenuntergang traf ich auf der Stadtmauer das deutsche Paar Marei und Nico. Sie hatten einen Ausflugsplan für den nächsten Tag. Beim gemeinsamen Abendessen unterhielten wir uns über unsere Routen und Reiseerfahrungen. Sie haben schon viel von dem gesehen, was ich noch sehen möchte. In ihrer Unterkunft machten wir den gemeinsamen Ausflug fix und quatschten noch lange im dortigen Innenhof.

So. 07.09.2014
Unser Ausflug ging mit pivatem Fahrer im neuen Auto mit Klimaanlage zu den Kalas, das sind Lehmfestungen der Könige dieser Region Choresmien aus ungefähr dem 4./5. Jahrhundert bzw. das, was heute noch davon übrig ist. Wir fuhren an den Baumwollplantagen vorbei, an denen die Ernte in diesen Tagen begann und Schüler ab der 9. Klasse sowie Studenten ca. 50 kg pro Kopf und Tag gewinnen, was ihnen umgerechnet 13 Euro einbringt, so sagte unser Fahrer. Es fuhr uns ein Eselskarren mit geerntetem Heu entgegen und wir überquerten den Fluss Amudarja, der früher mal den Aralsee speiste und heute in der Wüste vertrocknet. Die von uns nacheinander angefahrenen Lehmruinen Kyzyl-Kala, Toprak-Kala und Ayaz-Kala am Rande der Wüste Kysylkum steigerten sich von der Größe und gemessen an ihrem Alter waren sie sehr beeindruckend.

Nico, Marei und ich vor dem Ayaz-Kala
Nico, Marei und ich vor Kyzyl-Kala
Vor der Ayaz-Kala
Vor Ayaz-Kala

Im Hotel traf ich Roland aus Kaufbeuren, der in seinem Sabbatjahr mit dem Motorrad unterwegs ist. Durch Zufall habe ich die Horns bei Skype erwischt und freute mich, alle vier zu sehen. Bei Dunkelheit gingen Marei, Nico, Roland und ich abschließend in der Altstadt zum Essen.

Mit Nico, Marei und Roland beim Essen
Mit Nico, Marei und Roland beim Essen

Mo. 08.09.2014
Mit Roland verbrachte ich den ganzen nächsten Tag in Chiwa. Basar: Dort wollte Roland seine turkmenische Währung umtauschen. Einer verschwand mit dem Geldschein beträchtlichen Werts und kam zuverlässig mit einem Preisangebot zurück, das Roland ausschlug. Juma-(Freitags-)Moschee: Beeindruckende Halle mit über 200 individuell gestalteten Holzsäulen, deren älteste aus dem 10./11. Jahrhundert stammen.

Freitags-Moschee
Juma-Moschee

Der Weg auf der engen Steinwendeltreppe mit hohen Stufen zum Juma-Minarett (schöne Aussicht über die Altstadt) war stellenweise sehr dunkel.

Blick vom Juma-Minarett Richtung Westen
Blick vom Juma-Minarett Richtung Westen

In den dunkelsten Ecken drückten sich junge usbekische Pärchen rum, an denen man vorbeikraxeln musste. Zum Thema Paare, Hochzeit und Ehe in Usbekistan sollte ich später noch mehr erfahren. Festung Kuhna Ark: Wie überall wurde auch dort unser Gesamtticket kontrolliert, auf dem unsere Nationalität stand. So landet die Information sofort bei der geschäftstüchtigen Souvenir-Verkäuferin, die dann in der passenden Sprache ihren Schmuck für einen Wucherpreis anbietet. Viele Touristen gehen darauf ein und bezahlen zu viel, so dass zu befürchten ist, dass hier bald Verhältnisse wie in den Touristenhochburgen der Türkei oder Thailands herrschen werden. Tosh-Hovli-Palast: Innenhof, farbig (vor allem blau) glasierte Tonwände, alte Holzdecken. Dort saßen drei junge Frauen und ich schaute von Roland ab, dass man da schon mal unauffällig ein Bild machen kann.

Usbekische Ladies
Usbekische Ladies

Zwischen 4 und halb 6 setzten wir uns auf eine Mauer und tranken zwei Bier, um danach bei schönem Licht Fotos von der westlichen Stadtmauer, einem Seidenstraßen-Plakat und von der Statue von Al Choresmi, dessen Errungenschaften ich in der Schule lehren darf, zu machen.

Einige dieser Seidenstraßen-Städte werde ich noch bereisen
Einige dieser Seidenstraßen-Städte werde ich noch bereisen
Vor der Statue von Al Choresmi
Vor der Statue von Al Choresmi

Zum Abendessen gingen wir wie zwei Tage zuvor ins Dilnura Cafe außerhalb der Stadtmauer und für mich gab’s Qovurma Lagmon, das sind rote, mit Gewürzen versehene Nudeln mit Fleisch, Soße und Schmand.

Di. 09.09.2014
Nun war die 460-km-Fahrt im gemeinsamen Taxi durch die Wüste Kysylkum an der Reihe. Zuerst fuhren wir an Sonnenblumen- und Baumwollfeldern vorbei, bevor dann die Wüste kam. Dank deutschen Straßenbaus (Papenburg) ist der Weg nach Buchara zur Hälfte bereits vierspurig geteert und bei der zweiten Hälfte verstand ich, was Frank mit einer außerordentlich nervigen Fahrt meinte.

Hier ist die Wüstenstraße noch vierspurig
Hier ist die Wüstenstraße noch vierspurig

Zur Blütezeit der Seidenstraße muss dieser Weg extrem beschwerlich und gefährlich für die Karawanen gewesen sein. Entsprechend groß war auch meine Freude, die nächste Stadt in einer fruchtbaren Gegend erreicht zu haben: Buchara.