Saryschagan

Di. 23.09.2014
Ohne zu wissen, ob der Balchaschsee in Saryshagan zugänglich ist und ob es dort eine Unterkunft gibt, stieg ich am dortigen Bahnhof aus, wo mir sofort angeboten wurde, mich die 150 km nach Balchasch, zum größten Ort am See, zu fahren. Der Preis war inakzeptabel und ich beschloss, mit dem gesamten Gepäck erst mal hier an den See zu gelangen. Ich ging durch ein Privatgrundstück, in dem drei Männer gerade eine Fläche betonierten, vor der sie mich warnten, aber freundlich das Törchen zur nächsten Straße öffneten. Ohne weitere Hindernisse gelangte ich ans Ortsende, zu einem muslimischen Friedhof und zum See. Zunächst war ich an einer Bucht und später am gefühlten offenen Meer mit Wellengang, ja so riesig ist dieser See inmitten der trockenen kasachischen Steppe.

Ufer des Balchaschsees
Ufer des Balchaschsees

Hört sich alles sehr romantisch an, ist es auch, aber man muss sich den Müll wegdenken, der auf dem Land in weitem Umkreis ums Ufer rumliegt: Bier- und Wodkaflaschen (meist in kleinsten Scherben), Plastikflaschen und Plastiktüten, zuweilen trifft man auch Kinderspielzeug, Blechdosen oder Autoreifen an. Mir gefiel es dennoch im touristenleeren Saryschagan. Prompt sprach mich ein gleichaltriger Mann an und fragte auch noch, ob ich Hilfe brauche. So brachte mich letztlich ein Freund zu einer Unterkunft in der Nähe des Bahnhofs. Die Damen dort waren skeptisch, aber mit meinem bisschen Russisch war das kein Problem und ich hatte ein Bett für 4,25 Euro. Mich zog es nochmal durch den Ort und an den See bei abendlichem Licht.

Typische Häuser in Saryschagan
Typische Häuser in Saryschagan
Die Steppe und der Balchaschsee am Abend
Die Steppe und der Balchaschsee am Abend

Es waren am Abend viele Kinder und Jugendliche beim Ballspielen draußen. In einer Bar schloss ich den Tag mit einem frisch gezapften halben Liter Bier für 75 Cent ab. In der Unterkunft bekam ich einen kasachischen Zimmergenossen, der wegen der Arbeit hier war.

Mi. 24.09.2014
Mein Nachtzug fuhr erst bei Dunkelheit, also nutzte ich den sonnigen Tag. Hinter dem Ortsende gab es bei einer Raststätte ein günstiges Essen und ich näherte mich von Norden dem Balschachsee. In der Steppe weideten viele Schafe und es war auch ein Kamel zu sehen. Beim See landete ich letztlich auf einer Halbinsel, auf der drei junge Kuhbullen weideten und einige Männer in aller Gemütsruhe in windgeschützten Ecken angelten.

Jungvieh auf der Halbinsel
Jungvieh auf der Halbinsel
Einer der Angler auf der Halbinsel
Einer der Angler auf der Halbinsel

Ich setzte mich selbst ans Ufer und las in meinem Tschingis-Aitmatow-Buch die Geschichte über den Tienshan-Lastwagenfahrer Ilijas, während die Seewellen rauschten.

Am Abend am Balchaschsee
Am Abend am Balchaschsee

Bei Abendlicht ging ich über die Steppe, auf der noch Schafe weideten, zum Ort zurück. Ein Hirte holte seine Schafe gerade heim, während andere Schafe noch draußen waren.

Schafherde nahe des Sees
Schafherde nahe des Sees

Als ich diese fotografierte, bemerkte ich im Gegenlicht die zwei zugehörigen Hirten zunächst gar nicht und stand plötzlich vor ihnen. So unterhielt ich mich mit dem jüngeren der beiden, der wissen wollte, wie viel ich im Monat verdiene und wie viel ich für die Weltreise gespart habe. Er selbst war zu Sowjet-Zeiten zwei Jahre beim Militär in Ungarn.

Die zwei Schafhirten
Die zwei Schafhirten

Im Ort waren die Jugendlichen wieder sportlich unterwegs, die größten spielten Fußball auf einem großen Platz. Da waren auch zwei Kamele einfach so mitten im Ort und grasten am Wegrand.

Eines der Kamele im Ort
Eines der Kamele im Ort

Mittlerweile war ich im kleinen Supermarkt schon als der deutsche Tourist bekannt, bei einem 4500-Seelen-Nest nicht verwunderlich. Mein Bett in der Unterkunft war noch nicht neu bezogen, damit ich mich bis zu meiner Abreise hätte ausruhen können, sehr zuvorkommend. Dann ging’s rein ins Vierer-Abteil des Nachtzugs mit einer herrischen älteren Dame und zwei jungen Männern.

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